Storytelling ist ein alter Hut!
Storytelling ist tausende Jahre alt. Das ist schon richtig. Es wurde von den Skalden bereits zur Wissensvermittlung verwendet.
Doch was IST Storytelling?
Geschichten. Durch Geschichten und Lieder haben unsere Vorväter Informationen weiter gegeben. Abends am Lagerfeuer. Von Generation zu Generation. Noch lange bevor Schrift bekannt war.
Die Märchen der Gebrüder Grimm oder 1001 Nacht sind Musterbeispiele von Lehren der damaligen Zeiten, die durch die emotional ergreifenden Geschichten vermittelt werden sollten. Moral. Gut und Böse. Geh nicht im Dunkeln in den Wald. Wölfe sind gefährlich.
Wir sind an Geschichten gewöhnt und lieben sie. Ich erinnere mich noch zu gut an die vielen Geschichten, die unser Englisch Lehrer immer erzählte, wenn er gut gelaunt war. Von seinem Urlaub, wie ihm in England die Tasche mit Ausweis und Urlaubsgeld gestohlen wurde und der Dieb von einem beherzt eingreifenden Passanten gestellt wurde. Geschichten über ferne Länder und verrückte Ereignisse, die ich mir als junger Mensch kaum vorzustellen vermochte. Dass er alles auf englisch erzählte bemerkte ich damals kaum. Mit seinen Stories begeisterte er mich, weckte die Lust auf die Sprache und das Reisen (wozu die Sprache sich Jahre später noch als extrem nützlich erweisen sollte)
Heute entdecken wir die Kunst des Geschichten Erzählens neu. Storytelling. In Marketing und Mitarbeitermotivation ein (zurecht) gefeiertes Mittel. Wenn auch nicht ganz trivial im Einsatz. Doch: Gute Geschichten sind kein Zufallsergebnis. Es ist Handwerk, basierend auf einer Struktur und klaren Regeln (und dem Mut die Ein oder Andere davon zu brechen), die zu einer guten Geschichte führen. Denn: Wir sind Strukturen gewohnt und haben Anforderungen, die es uns möglich machen, uns auf eine Geschichte einzulassen. Was das ist, wirst Du im Rahmen dieses Artikels erfahren.
Welches Problem löst Storytelling?
Wir leben in einer Zeit der Demystifizierung. Daten, Zahlen und Fakten haben den Sieg davon getragen über Gefühle, Emotionen und Geschichten. Zumindest ist es das, was wir täglich hören und glauben sollen.
Spannend, dass in so einer Zeit Liverollenspiele, in denen der Datenanalyst plötzlich als Ork durch die Wälder streift, Herr der Ringe, Starwars oder Marvel Filme über Superhelden wie Hulk oder die X-men Hochkonjunktur haben. Wie lieben Geschichten. Das liegt in unserer Natur. (Wieso das so ist, erfährst Du im nächsten Kapitel.)
Und wir wollen große, emotionale Geschichten. Große Helden, doch gleichzeitig Helden, mit denen wir uns identifizieren können. Das ist die Gratwanderung des Geschichtenerzählers.
Was ist Storytelling von all diesen Sachen?
Alles.
Eine spannende Geschichte beginnt in der Normalität. Mit Typen wie Dir und mir. Doch dann reißt das Schicksal sie mit in einen Sog aus Wirren und Ereignissen und sie wachsen über sich hinaus und werden zu Helden.
Doch zurück zur Frage: Was löst Storytelling?
Zahlen, Daten und Fakten begeistern nicht. Nicht mal die Zahl auf dem Bankkonto. Das haben Studien von Hirn und Motivationsforschern herausgefunden. Sie lassen sich schlecht merken. Deswegen erschaffen sich Merk-Künstler mit Mnemotechniken Geschichten, in die sie die Zahlen und Fakten einbauen, damit sie leichter zu merken sind.
Storytelling macht Sachverhalte leicht merkbar. Storytelling schafft Verbindung und Sympathie selbst mit Dingen, die eigentlich gar nicht in der Lage sind, Emotionen zu wecken. Werte einer Firma. Die neuen Zahlen, die erreicht werden müssen. Ein Produkt, dass es in vergleichbarer Funktion schon vielfach auf dem Markt gibt. Doch dank einer guten Story werden iPhone und RedBull gekauft, als wären sie die einzige Antwort auf die Frage nach Leben und Tod.
Wie funktioniert denn nun Storytelling?
Hierzu ist es hilfreich, einen kleinen Ausflug in die Hirnforschung zu unternehmen. Doch vorweg die Kurzfassung: Lernen und Erinnerung funktioniert in einer Kombination aus Emotion und Fakt, die gemeinsam abgelegt werden. Keine Emotion -> Keine Erinnerung.
Da wir schlaue Lebewesen sind, wissen wir uns natürlich zu helfen und schaffen uns eine Emotion. Meist die Angst. Angst vor der schlechten Note. Angst vor dem Versagen im Beruf oder vor den Blicken der Kollegen Kannst Du Dir vorstellen im Meeting mit der Geschäftsleitung - die Chefs blicken Dich in kritischer Erwartungshaltung an, eine Neonröhre brummt. Du erinnerst Dich vielleicht noch an Martin, der vor 2 Wochen einen peinlichen Fehler in seiner Kalkulation hatte. Er war das Gespött der Abteilung - und die Beförderung kann er sich vermutlich bis zur Rente abschminken. Doch jetzt stehst Du da. Die Pause ist schon peinlich lange. Und dann hörst Du Dich selbst, wie Du die falschen Zahlen im Meeting rezitierst. Stille.
Die Angst vor dem peinlichen Moment hilft Dir, in der Vorbereitung die Zahlen zu behalten, die sonst auf Grund ihrer unemotionalen Natur unmöglich zu merken wären.
Dazu kommt, dass unser Gehirn wie ein großes Spinnennetz arbeitet. Dinge, die wir kennen und erlebt haben, werden mit Fäden verbunden. Bei starken Emotionen sind das sehr starke Taue. Bei eher vorsichtigen Emotionen eher zarte Fädlein. In Bereichen, mit denen wir häufig zu tun haben ist das Geflecht sehr eng. In fremdartigen Bereichen dafür gähnende Leere.
Wenn nun neue Informationen gleich einem Insekt in dieses Gehirn-Spinnennetz fallen, bleiben sie in Bereichen, die engmaschig verbunden sind mit Leichtigkeit hängen und mit einfachen, kurzen Fäden verbunden, die alles in diesem Bereich weiter stabilisieren. Fallen sie in fremde, gähnend leere Bereiche, so leben sie vermutlich glücklich weiter. Nur nicht in unserem Hirn.
Doch wie funktioniert nun Storytelling?
Als Storyteller darfst Du die Fäden spinnen. Willst Du eine Information vermitteln, die in einen Bereich fällt, in dem vermutlich eher gähnende Leere herrscht? Und dazu noch in einem Themenbereich, der grundsätzlich mal nicht besonders emotionale besetzt ist?
Dann hast Du die Aufgabe, Deine Geschichte oder Metapher an einer Stelle zu beginnen, die gut vernetzt ist. Vielleicht gibt es Analogien, die sich aus einem gut vernetzten Bereich auf den neuen, leeren Bereich übertragen lassen? Vielleicht kannst Du den neuen Bereich auch emotional interessanter machen, indem Du mit sympathischen Protagonisten arbeitest.
Beginne in der sicheren Festung, bevor Du den Weg ins Abenteuer einschlägst.
Unser Hirn lässt sich hier gerne austricksen. Es liebt eben Geschichten. Egal, ob die Emotion nun direkt mit der Information zusammenhängt oder nur hinzugefügt wurde. Was meinst Du, wieso sexy Pinupgirls auf Motorradkalendern glänzen?
Doch das ist nicht alles.
Wir sind gewohnt, dass Strukturen eingehalten werden. Bereits Aristoteles hat in seinem Werk "Poetik" die 3 Akt Struktur beschrieben. Strukturen wiederzuverwenden hilft unserem Hirn, sich leichter auf die Geschichte einlassen zu können.
Dramaturgien gibt es diverse, doch die wohl bekanntesten sind die 3 Akt Struktur, 5 Akt Struktur (nach Freytag) und die Heldenreise (nach Campbell).
Wo die 3 Akt Struktur den Erzähler noch kaum einschränkt (Exposition, Konfrontation, Ausklang), da wartet die Heldenreise bereits mit 12 Stationen auf, die der Geschichtenerzähler verarbeiten soll.
Dennoch: Es funktioniert. Fast alle großen Filme arbeiten nach Campbell's Heldenreise. Starwars, Herr der Ringe, Fluch der Karibik, Matrix... Denn sie macht es uns leicht, emotional tief in das Geschehen einzusteigen.
Wozu also Storytelling verwenden?
Wenn Du Dir vorstellst, als Storyteller in Meetings, auf Vorträgen oder in Mitarbeitergesprächen begeistern zu können. Menschen zu begeistern kann so einfach sein. Wir WOLLEN ja aus dem Alltags-Einerlei ausbrechen und sehnen uns nach dem Besonderen. Meine Arbeit mit Freude und Begeisterung machen? JA GERNE! Gib mir nur eine Chance! Erzähl mir eine Geschichte, die das Projekt zu meinem Projekt macht. Dich mich zum Helden macht in dieser Firma.
Mach Kunden zu Markenbotschaftern oder begeistere Deine Studenten, wie Steve Jobs es gemacht hat. Begeistere ein Nation von ihren Möglichkeiten wie Obama es geschafft hat. "Yes, we can!"
Geschichten werden gerne weiter erzählt. Oder geteilt, am Lagerfeuer der Neuzeit: Facebook.
Du willst in Zukunft mit Geschichten die Menschen wirklich berühren und erreichen? Dann stoß die Türen auf zu dieser neuen Welt der Storyteller und erzähle Deine Geschichte! Yes YOU can!